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Wenn Fotos Geschichten erzählen

Jeremy Blatti ist ein besonderer Erfolg gelungen: Beim CEWE Photo Award, dem grössten Fotowettbewerb der Welt, erreichten gleich zwei seiner Fotos eine Top Platzierung. Im Interview erzählt der Hobbyfotograf aus Lausanne, wie er mit seinen Fotos Geschichten erzählen möchte.

Lieber Jeremy, zuerst einmal herzlichen Glückwunsch! Stell dich doch kurz vor.
Mein Name ist Jeremy Blatti, ich arbeite als Jurist in Teilzeit und unterrichte nebenbei, unter anderem Snowboardfahren. Ich bin Ausbilder bei der Stiftung IdéeSport und arbeite dort mit Jugendlichen und Erwachsenen. In meiner Freizeit fotografiere ich, treibe Sport und reise gerne. Seit 2020 hat die Fotografie für mich an Bedeutung gewonnen.

Jeremy Blatti mit Partnerin Mel auf Reisen, © Mel Tanner
Jeremy Blatti mit Partnerin Mel auf Reisen, © Mel Tanner

Inwiefern hat die Fotografie für dich an Bedeutung gewonnen?
Anfang 2020 ging ich mit meiner Partnerin Mel auf Reisen. Wir waren in Südamerika unterwegs und mussten die Reise dann leider aufgrund der Pandemie abbrechen. Wir sind also Anfang April wieder von Bolivien nach Hause in die Schweiz geflogen. Das war schade, aber wir sind dennoch glücklich und dankbar, dass wir zumindest einige Monate reisen konnten.

Während dieser Zeit habe ich viel fotografiert und mir die Zeit genommen, mehr über Bildbearbeitungssoftware zu lernen. Hier in der Schweiz sind wir viel unterwegs, am liebsten in der Natur. Früher habe ich hauptsächlich auf Reisen fotografiert, aber mittlerweile habe ich fast immer meine Kamera dabei – sogar wenn ich im Winter auf der Piste bin. Für mich bedeutet das richtige Equipment mehr Möglichkeiten, um am Ende ein richtig tolles Foto zu machen.

Und dann habe ich den CEWE Photo Award gefunden und dachte mir, warum nicht ein paar Fotos einreichen und schauen was passiert? Ich habe versucht Fotos auszuwählen, die etwas ungewöhnlich sind. Fotos, die eine Geschichte erzählen. Motive, die man vielleicht noch nicht in den sozialen Medien gesehen hat. Und dann habe ich einfach auf das Beste gehofft, aber natürlich habe ich nicht mit diesem Ergebnis gerechnet.

Wie fühlt es sich an, unter den Top 30 beim grössten Fotowettbewerb der Welt gelandet zu sein?
Es ist unglaublich. Ich kann es wirklich kaum fassen. Es wurden so viele wahnsinnig gute Fotos eingereicht und ich kann mich, glaube ich, sehr glücklich schätzen, dass meine so weit vorne gelandet sind. Wie Fotos ankommen ist ja immer etwas subjektiv – jeder hat da einen anderen Geschmack. Deshalb freut es mich umso mehr, dass die Jury meine Fotos ausgewählt hat. Das motiviert mich immens, weiterhin viel zu fotografieren.

Du hast verschiedene Fotos eingereicht, darunter Landschaften, Lightpainting, Menschen, Tiere… Hast du ein Lieblingsgenre?
Ich mag es einfach, neue Dinge auszuprobieren. Was ich fotografiere, ist immer situationsabhängig. Wenn ich jemanden oder etwas sehe, das meine Aufmerksamkeit auf sich zieht, dann ergreife ich die Chance.

Ich liebe die Abwechslung, sei es in meinem Beruf oder in der Fotografie. So trifft man immer wieder auf neue Herausforderungen und kommt mit vielen verschiedenen Themen in Berührung. Gerade wenn ich in der Natur unterwegs bin, dann reagiere ich mit meiner Fotografie quasi auf das, was ich vor Ort sehe. Mal ist es eine Landschaft, mal ein Tier, mal ein Mensch. Das ist bei mir oft sehr spontan, ich versuche immer das meiste aus einem Ausflug herauszuholen.

Zukünftig möchte ich häufiger den anderen kreativen Ansatz ausprobieren: Eine Idee im Kopf formulieren und diese dann mit der Kamera umsetzen.

Was bedeutet dir die Fotografie?
Für mich ist die Fotografie ein Weg um meine Kreativität auszuleben und etwas Schönes aus dem zu machen, was ich sehe und erlebe. Fotografieren bedeutet für mich Freude und Spass. Auf eine gewisse Art kann ich damit meine persönliche Sichtweise auf die Welt ausdrücken.

Wir können uns glücklich schätzen, dass wir so viele Orte kennenlernen und so viel erleben dürfen. Das ist mir sehr bewusst und deshalb ist es mir wichtig, diese Momente festzuhalten.

Mit deinem Foto «The soul of the alphorn player» hast du es beim CEWE Photo Award unter die Top 30 der Welt geschafft. Wie ist dieses Foto entstanden?

«The soul of the alphorn player», © Jeremy Blatti
«The soul of the alphorn player», © Jeremy Blatti

Das Foto habe ich auf dem Luzerner Hausberg Pilatus gemacht. Ich war zu der Zeit mit dem Van quer durch die Schweiz unterwegs. Dort oben haben einige Alphornbläser die Leute unterhalten. Und dann kam dieser Mann nach drinnen, um eine Pause zu machen. Ich lief zufällig vorbei, wie er da auf der Bank sass und dachte mir «Hier gibt es etwas zu tun». Also habe ich versucht, seine Stimmung einzufangen und gleichzeitig die beeindruckende Landschaft zu zeigen. Als dann die Gondel vorbeifuhr hat einfach alles gepasst.

Was gefällt dir an dem Foto am besten?
Das Bild erzählt eine Geschichte und ich freue mich immer, wenn ich mit meinen Fotos Geschichten erzählen kann. Es ist nicht einfach nur ein schöner Ort, sondern es passiert auch etwas. Und es ist so typisch Schweiz: Ein schönes Land mit beeindruckenden Landschaften und darin diese spezielle Folklore.

Wie gelingt es dir, Geschichten mit deinen Fotos zu erzählen?
Das ist nicht so einfach zu erklären… ich denke es hilft, wenn man Menschen im Bild hat. Mir ist es dabei lieber, wenn die Person nicht frontal zu sehen ist, wenn sie nicht in die Kamera schaut. So fragt man sich nicht, wer das sein könnte und man lässt sich nicht vom Gesicht ablenken. Die betrachtende Person kann sich viel besser in die Szene hineinversetzen. Ich mache auch gerne Fotos mit einer kleinen Silhouette in einer grandiosen Landschaft. Es zeigt, wie klein der Mensch im Vergleich zur Natur ist.

Auch dein Foto «The ghost of lake Neuchâtel» erzählt eine Geschichte und landete beim CEWE Photo Award unter den Top 1000. Woher kam die Idee für dieses aussergewöhnliche Foto?

«The ghost of lake Neuchâtel», © Jeremy Blatti
«The ghost of lake Neuchâtel», © Jeremy Blatti

Dieser kleine Pavillon am Neuenburgersee ist ja sehr berühmt – man sieht ihn häufig auf Instagram. Ich hatte mir zu dem Zeitpunkt gerade neues Lightpainting-Equipment gekauft. Das war so eine Art Röhre mit einem Licht, das man herumschwenken kann. Ich wollte es unbedingt ausprobieren, am liebsten mit der Milchstrasse am Himmel. Da habe ich mir gedacht, der Pavillon wäre ein perfekter Ort.
Ich bin also mit meinem Van dorthin gefahren, habe auf dem Parkplatz bis 3 Uhr nachts geschlafen und mich dann an die Arbeit gemacht. Per YouTube Tutorial hatte ich zuvor gelernt, wie man bestimmte Formen erzeugt – unter anderem diesen «Geist». So gegen 5 Uhr war ich fertig und das ist dabei herausgekommen.

Was macht das Foto für dich so besonders?
Ich mag, dass es ebenfalls eine Geschichte erzählt. Man sieht diesen Pavillon so oft, meistens wird er jedoch am Tag fotografiert. Aber auf diesem Foto ist es mitten in der Nacht und man kann sich vorstellen, dass man nachts auf einen Geist trifft, der dort tagsüber nicht herumspukt. Ein bisschen wie Magie… das ist auch der Aspekt, der mir am Lightpainting gefällt: Man weiss nie, was dabei herauskommt. Und du kannst ein Foto nicht einfach nachstellen, jedes Foto ist anders und einmalig.
Gleichzeitig zeigt es, was Fotografie kann: Sie kann Dinge erfassen, die wir mit dem Auge gar nicht sehen. Ob es die vielen Sterne sind oder die Lichtfigur, die nur in der Langzeitbelichtung sichtbar werden. Hätte mich jemand während der Aufnahme beobachtet, hätte die Person wahrscheinlich gedacht «Warum fuchtelt der Typ da so herum?» (lacht).

Wir bei CEWE machen aus Fotos hochwertige Erinnerungsstücke. Deshalb interessiert uns: Was machst du mit deinen Lieblingsfotos?
Als Mel und ich von unserer Südamerika-Reise zurückgekommen sind, haben wir zum Beispiel beschlossen, unsere Wohnung mit den Fotos im Grossformat zu verschönern. Auch ein Fotobuch haben wir davon erstellt, als Andenken.
Einige meiner Fotos habe ich auch schon verschenkt. Zum Beispiel habe ich bei einem Ausflug Fotos von meiner Nichte und meinem Neffen gemacht. Die habe ich meinem Bruder dann geschenkt. Die Freude darüber war natürlich riesengross.

Was macht Fotos für dich zu so einem grossartigen Geschenk?
Fotos zeigen oft Momente, die sonst vielleicht verloren wären, die eine besondere Geschichte repräsentieren oder sie zeigen Menschen, die einem etwas bedeuten. Das macht sie zu einem sehr emotionalen und persönlichen Geschenk.

Noch eine Frage zum Schluss: Was ist dein Ratschlag für Fotografie-Anfänger?
Hab einfach Spass und experimentiere viel. Probiere Dinge aus und wenn es schief geht, probiere es einfach nochmal. Sei nicht enttäuscht, wenn es nicht sofort so aussieht, wie du es dir vorgestellt hast – manchmal kommt es nur darauf an, die Perspektive ein kleines Stückchen zu verändern und schon hat man ein ganz anderes Ergebnis.

Vielen Dank für das spannende Interview!

Wer mehr über Jeremy Blatti und seine Fotokunst erfahren möchte, sollte einen Blick auf seinen Instagramkanal (@jayblatti) oder seine Website (jayblatti.com) werfen.

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